Bremen statt Hamburg – die Stadt präsentiert sich beschaulicher, aber nicht weniger hanseatisch. Ein guter Tipp für einen Citytrip!
Warum Bremen?
Hamburg nennt sich das „Tor zur Welt“. Traditionsbewusste Bremer verweisen auf ihr Stadtwappen und sagen lässig: „Mag ja sein, aber wir haben den Schlüssel dazu.“ Dass der HSV abgestiegen ist, freut viele Einwohner von Bremen diebisch.
Gern ärgern sie die Hamburger auch damit, dass das Bremer Rathaus mit dem bekannten Roland bereits 2004 als Unesco-Weltkulturerbe ausgezeichnet wurde, während die Hamburger auf ihre erste Welterbe-Auszeichnung (Speicherstadt und Chile-Haus) bis 2015 warten mussten.
Aber eigentlich mögen sich die Bremer und die Hamburger … Die eher beschauliche 560.000-Einwohner-Stadt Bremen mit der Weltmetropole zu vergleichen macht sowieso keinen Sinn. Für einen Citytrip empfiehlt sie sich gleichwohl.

Eigentlich mögen sich die Bremer und die Hamburger – nur im Stadion geht es manchmal hart zur Sache © InstagramFOTOGRAFIN/pixabay

Beschaulich dagegen die Schnoor in Bremen| © Medienservice/pixabay

Bremen bietet überraschend vielfältige Perspektiven | © Meli1670/pixabay
Gleichwohl blickt Bremen auf eine lange Geschichte als bedeutende Hanse- und Hafenstadt zurück. Das historische Zentrum ist ein Schmuckstück, das Ostertor mit der „Kulturmeile“ ein lebendiger Kiez in Weser-Nähe, der Schnoor und die Böttcherstraße sind nicht weit – alles Sehenswerte ist gleich „umzu“, wie der Bremer zu sagen pflegt.
Die einst bedeutenden Häfen haben weitgehend ausgedient. An den Hafenanlagen entsteht die Überseestadt, ein modernes Quartier, in dem gewohnt und gearbeitet wird. Wirklich maritimes Flair erlebt man dagegen knapp 60 Kilometer weserabwärts in Bremens kleiner Schwester Bremerhaven.

Tipp für den Citytrip Bremen: Das „Klimahaus 8° Ost“ in Bremerhaven | © rikkerst/pixabay
Muss man in Bremen sehen
Hanseatische Zurückhaltung wird großgeschrieben in Bremen. Aber wenn es um ihren Marktplatz geht, dann kennen die Bremer nichts und behaupten, es wäre der schönste in ganz Deutschland. Das prächtige Rathaus gilt als die Perle der Weserrenaissance. Auf dem Marktplatz wacht bereits seit 1404 der Bremer Roland, der die Freiheit und Rechte der Bürger von Bremen symbolisiert.
Etwas versteckt hinter dem Rathaus – immer dem Klicken der Handykameras nach – steht die Statue der Bremer Stadtmusikanten.
Die Türme des prächtigen Doms ragen beinahe 100 Meter in den Himmel, die makabre Top-Sehenswürdigkeit bei einem Citytrip liegt jedoch unter der Erde: Acht mumifizierte Leichen, die 1698 gefunden wurden, sind im sogenannten Bleikeller zu bestaunen.

Seit 1953 vor dem Rathaus in Bremen: Die Skulptur der Bremer Stadtmusikanten | ©Pixabay/Medienservice
Vom Marktplatz führt die Böttcherstraße in Richtung Weser. Als sich die Zeit der Böttcher, der Fassmacher, dem Ende zuneigte, verfiel die Straße allmählich. Mäzen und Kunstfreund Ludwig Roselius, der Erfinder des koffeinfreien Kaffee HAG, ließ sie zwischen 1922 und 1932 als expressionistisches Backstein-Ensemble gestalten, seit 1973 steht es unter Denkmalschutz.
Besonders sehenswert ist hier das weltweit erste einer Frau gewidmete Kunstmuseum, das Paula-Becker-Modersohn-Museum mit Werken der großen deutschen Expressionistin.
Ältestes Viertel in Bremen ist der Schnoor, ein hübsches mittelalterliches, autofreies Gängeviertel. Der neueste und auch spannendste Stadtteil wächst seit den frühen 2000er-Jahren: die Überseestadt auf dem Gelände der ehemaligen stadtbremischen Häfen, ein Quartier im steten Wandel und mit einer Fläche von 300 Hektar sogar größer als die Hamburger Hafencity.
museen-boettcherstrasse.de | bremen-schnoor.de | ueberseestadt-bremen.de

Eingang zu Böttcherstraße Bremen | © PeterHauschild/pixabay
Aussicht
Bremen ist platt wie ein Pfannkuchen. Umso weiter reicht der Blick von der Dachterrasse des Bamberger Hauses. Zu den Öffnungszeiten der darin untergebrachten Volkshochschule kann man umsonst hinauf. Eine tolle Aussicht über die Weser mit den Domtürmen im Hintergrund hat man von der Stephanibrücke aus, am besten am Abend, wenn sich die Lichter im Fluss spiegeln.
Bummeln und Schlemmen
Lange Jahre haben die Bremer es verpennt, die exponierte Lage am Fluss zu nutzen. Die Schlachte, der historische Weser-Hafen, war eine zugeparkte Ödnis. Erst zwischen 1993 und 2000 wurde das Areal am Wasser saniert und ist heute Bremens maritime Meile.
Auf dem Gastro-Schiff Alex, eigentlich „Alexander von Humboldt“, kann man Bremer Labskaus und im Winter „Kohl und Pinkel“ probieren. Auch in der Überseestadt ist kulinarisch viel geboten. Sehr nett mit Hafenflair sitzt man vor dem Ziegelbau des italienischen Restaurants Feuerwache (Waller Stieg 5). Die coolsten Locations befinden sich im Bremer Ostertor.

An der Schlachte trifft man sich am Abend | © keialein/pixabay
Das Viertel ist das Pendant zur Hamburger „Schanze“, ein Tummelplatz der Szene mit Altbremer Häusern, kleinen Läden und Kneipen – mit liebevollem Understatement schlicht nur „Viertel“ genannt.
Es gibt richtig gute Restaurants wie die Küche13 mit regionalen Bioprodukten (Beim Steinernen Kreuz 13) oder Das Kleine Lokal (Besselstraße 40, kreatives Drei-Gänge-Menü 55 Euro), aber auch viel Fast-Food.
Am Sielwall-Eck wurde angeblich die Bremer Variante des Döners erfunden, das Rollo. Je nach Soße und Füllung heißen die Teigfladen „Kikeriki“, „Dul Kebap“ oder „Arabic“.
alex-das-schiff.de | restaurant-feuerwache.de | kueche13.de | das-kleine-lokal.de
Lieblingsplatz in Bremen
Ganz am Ende der Überseestadt steht der kleine Leuchtturm Molenfeuer (den Radweg-Schildern folgen), auch „Mäuseturm“ genannt. Das ist ein richtig guter „Am-Arsch-der Welt-Platz“, der einen tollen Blick über das bietet, was von den Bremer Häfen übrig geblieben ist. Einfach warten, bis ein Schiff zum Winken kommt – oder das nächste Beck’s aufmachen.
Shopping
In den Einkaufsstraßen in der City tummeln sich die üblichen Verdächtigen unter den Filialisten.
Im Ostertor findet man noch die eine oder andere Überraschung: Boutiquen jenseits des Mainstreams, gute Buchläden, kleine Shops mit hübschen Accessoires, teilweise von Bremer Künstlern und Kunsthandwerkern gefertigt, wie zum Beispiel im Laden von machen & tun (Ostertorsteinweg 46 b).
Sogenannte Bremensien, darunter reichlich Stadtmusikanten-Kitsch, findet man überall im Schnoor und in der Böttcherstraße.

Schnoorviertel in Bremen © Medienservice/pixabay
Ein Unikum im Schnoor ist das Atelier GAG (Schnoor 31), wo es fantastische Papiermodelle zum Basteln gibt. Leckere „Bonschen“, wie der Bremer sagt, verkauft die Bremer Bonbon Manufaktur (Böttcherstraße 8). Gleich nebenan im Werkschau-Laden wird Kunsthandwerkliches feilgeboten.
von-machen-und-tun.de | bremer-bonbon-manufaktur.de | werkschau-boettcherstrasse.de
Nightlife
Die besten Absacker-Kneipen findet man im Viertel, insbesondere am sogenannten Bermuda-Dreieck, einer Ansammlung von mehreren Kneipen mit akuter Absturzgefahr. Entspannt in den Abend starten kann man im Wohnzimmer mit Vintage-Sofas und Seventies-Tapete (Ostertorsteinweg 99). Kultfaktor besitzt die „Capri Bar“ an der Ecke Fehrfeld/Humboldtstraße.
Die war vor Ewigkeiten mal ein Etablissement mit sogenannten Animierdamen, die den Herren in den Separees in Grottenform nicht nur Getränke servierten. Das Ambiente ist erhalten geblieben.
Legendär ist die Keller-Diskothek „Lila Eule“. Schon vor mehr als 50 Jahren war sie Treffpunkt für die Politszene, Rudi Dutschke hielt hier flammende Reden (Bernhardstraße 10–11). Die MS Treue ist ein altes Betonschiff am Weser-Ufer, das heute eine der ersten Adressen in Bremen für Elektro-Partys ist. Übrigens: Bremen hat keine Sperrstunde!
wohnzimmer-bremen.de | lilaeule.com | lilaeule.com
Schön schlafen in Bremen
Stilvoll in Weser-Nähe schläft man im Designhotel „ÜberFluss“ mit Spa und kleinem Indoor-Pool (DZ ab 150 Euro, Langenstraße 72). Ganz etwas anderes und deutlich günstiger sind die Übernachtungsmöglichkeiten auf zwei legendären Schiffen auf der Weser: In Vegesack kann man auf dem „Schulschiff Deutschland“ in Kabinen schlafen (die Betten muss man selber machen, Doppelkabine mit Frühstück 70 Euro).
An der Schlachte übernachtet man am Weser-Ufer auf der „Alexander von Humboldt“ (sie ist übrigens das Schiff mit den grünen Segeln aus der Beck’s-Bier-Werbung), die Doppelkabine mit Frühstück kostet ab 110 Euro.
designhotel-ueberfluss.de | schulschiff-deutschland.de | schulschiff-deutschland.de
Raus aus der Stadt
… heißt hier „wieder rein in die Stadt“: Bremens kleine Schwester Bremerhaven ist zwar eine überwiegend triste Industriestadt, aber mit den Havenwelten ist der Stadt ein echter Coup gelungen. Highlights an der maritimen Meile sind das Deutsche Auswandererhaus und das Klimahaus 8° Ost.
Ersteres macht die Geschichte der ungefähr sieben Millionen Menschen erfahrbar, die zwischen 1830 und 1974 ihre Heimat über Bremerhaven verlassen haben.
Das „Klimahaus 8° Ost“ ist eine Reise um die Welt auf eben jenem namensgebenden Längengrad. Die informative, unterhaltsame Tour führt über die Schweizer Alpen und Sizilien in die Wüste in Niger und den Regenwald Kameruns, in die Südsee nach Samoa und über die Antarktis, Alaska und die Halligen in der Nordsee wieder zurück nach Bremerhaven.
Ein Wetterstudio verdeutlicht anhand interaktiver Stationen die klimatischen Zusammenhänge auf der Erde.

Mit 147 Meter Höhe ist das ATLANTIC Hotel SAIL seit Anfang 2008 höchstes Gebäude der Stadt © Laborratte/pixabay

Von hier oben hat man den besten Blick über den Hafen © Laborratte/pixabay
Mit dem historischen Moorexpress erreicht man im Sommer die etwa 30 Kilometer nordöstlich von Bremen gelegene Künstlerkolonie Worpswede. Die Bilder der Worpsweder Künstler verschiedener Generationen sind in den zahlreichen Museen des Ortes ausgestellt.
dah-bremerhaven.de | klimahaus-bremerhaven.de | worpswede.de
Info Citytrip Bremen
Anreise
Im besten Fall dauert die Bahnfahrt ab München 5 Stunden, ab Frankfurt 4 Stunden, ab Köln und Berlin 3 Stunden. Hin und zurück mit Bahncard 25 ab 100 Euro inklusive Bremer City-Ticket. bahn.de
Unterwegs
Nach Bremerhaven halbstündlich mit der NordWestBahn in 40 Minuten (13 Euro). Moorexpress nach Worpswede 8 Euro.
nordwestbahn.de | evb-elbe-weser.de
Interaktiver Stadtrundgang – Stempelpass
Mit der kostenlosen Stempelpass-App kann man auf spielerische Art die Stadt erkunden, Augmented Reality Games spielen und an Ort und Stelle ein Selfie machen.
Stempelpass-App
Mehr Infos
Bremen Tourismus evb-elbe-weser.de
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