Die jährlich vom Tourist Board der Dominikanischen Republik ausgeschriebene „Walflüsterer“-Kampagne wurde mehrfach mit dem Deutschen Preis für Onlinekommunikation ausgezeichnet. Auf digitalen Kanälen über den Schutz der Meeressäuger zu berichten, gehört zu den Hauptaufgaben der Auserwählten. 2019 war das Svenja Kluge, die wir nach der Rückkehr von ihrem vierwöchigen Aufenthalt zum Interview trafen.
Wie wurdest du Walflüsterin 2019?
Seit neun Jahren wird jedes Jahr aufs Neue in Deutschland, Österreich und in der Schweiz ein Walflüsterer gesucht – per Anzeige und Auswahlverfahren. Als ich im vergangenen Herbst das erste Mal davon las, wurde mir heiß und kalt! Denn mir war sofort klar, dass sich die gesuchten Anforderungen mit meinen Stärken deckten: Gefragt sind die Talente Fotografie und Social Media, das Interesse für Wale sowie Herzblut für den Naturschutz. Ich hab’ mich dann weiter informiert und anhand eines Onlineformulars und eines eigenen Films beworben. Nach ein paar Auswahlrunden kam dann am Nikolaustag der Anruf, dass ich von der Jury aus den 67 Kandidaten ausgewählt wurde.
Nur wenige Wochen später ging es für dich dann auf zur Walbeobachtung vor der Halbinsel Samaná. War es nun eher Urlaub oder Arbeit?
Auch wenn ich mir vier Wochen unbezahlten Urlaub von meinem Arbeitgeber nehmen musste und ich eine tolle Zeit hatte, die im ersten Moment eher nach Ferien klingt: Ich habe dort richtig gearbeitet!

Majestätisch: Ein rund 25 Tonnen schwerer Buckelwal springt aus dem Wasser
Wie sah diese Arbeit konkret aus?
Zu meinen wichtigsten Aufgaben gehörte die Begleitung von Bootstouren und das Registrieren gesichteter Buckelwale. Das sogenannte Monitoring, bei dem die Tiere gezählt, Fluken fotografiert und Verhaltensweisen protokolliert werden, passierte in Zusammenarbeit mit den Wal-Profis von CEBSE (Centro para la Conservación y el Eco-Desarrollo de la Bahía de Samaná) und des von der Kanadierin Kim Beddall gegründeten Anbieters Whale Samaná. Ferner bloggte ich über sämtliche Erlebnisse, drehte Videos und machte Fotos für Facebook, Instagram und andere soziale Medien. Wichtig war hier auch meine Rolle als Botschafterin für umweltverträglichen Tourismus und Naturschutz. Ach ja, und am Ende meines Aufenthalts habe ich noch eine Pressereise begleitet. Sehr angenehm, so konnte ich auch noch andere Highlights des Landes entdecken.
Du hast auch über Beach-Clean-Ups berichtet sowie auf Mängel beim Recycling und bei der Aufklärung in der Schule hingewiesen.
Stimmt. Mir war wichtig, nicht nur die schönen, sondern auch die Schattenseiten zu zeigen.
Gab es für dich Einschränkungen in deiner Berichterstattung?
Nein, gar nicht. Ich konnte immer völlig frei schreiben, auch über meine Ideen zum Zero-Waste-Lifestyle, den ich selbst lebe. Eine Zensur wäre auch gegen meine Moralvorstellung gewesen. Ich stehe da ja mit meinem Namen!

Walfluken sind wie Fingerabdrücke – sie identifizieren eindeutig jedes Individuum (und genau so lassen sich interessante Rückschlüsse ziehen)
Was hat dich in der Zeit als Walflüsterin am meisten beeindruckt?
Das war gleich bei meiner allerersten Walbeobachtungstour. Da tauchte ein Buckelwal direkt vor unserem Boot auf, atmete laut auf und die ausgestoßenen Wasserpartikel hinterließen einen Regenbogen im Sonnenschein.
Neben solchen Erfahrungen hast du sicher auch viel über Wale gelernt …
Und ob! Etwa dass männliche Buckelwale von allen Tieren die komplexesten und längsten Lieder singen. Und dass das Reproduktionsgebiet von Samaná weltweit einmalig ist. 3.000 bis 5.000 Tiere kommen jährlich zum Gebären hierher. Dafür reisen sie unglaublich weit. 7.000 Kilometer sind es von ihren polaren Nahrungsgründen bis in die Karibik. Während der drei Monate vor Samaná fressen sie überhaupt nichts! Dabei säugen die Mütter ihre neugeborenen Kälber mit 100 Liter Milch am Tag, damit diese täglich 50 Kilogramm zunehmen. Derart ausgezehrt schwimmen die Mütter die lange Strecke auch noch zurück – eine Höchstleistung!

Walflüsterin Svenja Kluge bei der (Fotografier-)Arbeit
Wie versucht man, die Wale vor Samaná konkret zu schützen?
Es gibt klare Regeln, an die sich Anbieter von Bootstouren halten müssen. Etwa, dass sie nicht zu nah an die Tiere heranfahren oder sich nur wenige Boote auf einmal einem Tier nähern dürfen. Die Mitarbeiter von CEBSE fahren in die Bucht hinaus, um das Verhalten der Anbieter zu kontrollieren. Verstöße werden dann den Behörden gemeldet und es drohen empfindliche Strafen bis hin zum Lizenzentzug. Außerdem sind jeden Tag auch mindestens fünf Volunteers auf den Booten insbesondere der billigeren Anbieter mit dabei und dokumentieren das Whale-Watching. Ich hab’ das selbst auch gemacht.
Was kann jeder Reisende selbst zum Schutz der Wale beitragen?
Wichtig ist es, ein größeres Boot eines professionellen Anbieters zu wählen. Dann sind einfach nicht so viele Boote auf dem Wasser, denn generell gilt: Weniger Schiffe bedeuten weniger Stress für die Wale. Und natürlich sollte man Plastikmüll vermeiden. Das kann jeder, indem er zum Beispiel wiederverwendbare Trinkflaschen mit auf den Ausflug nimmt.
Stellt der Kreuzfahrttourismus ein Problem dar?
Dass die Anzahl der erlaubten Kreuzfahrtschiffe in der großen Bucht von Samaná gedrosselt wurde, ist eine gute Nachricht. Jetzt sind es „nur“ noch 90 pro Jahr, früher waren es 200!

Rund 3.000 bis 5.000 Buckelwale kommen jährlich zum Gebären in die Bucht von Samaná
Jetzt im Herbst wird der Walflüsterer zum 10. Mal ausgerufen. Dein Rat an deinen Nachfolger?
Offen sein, kritisch sein und fragen, fragen, fragen. Und alles mitnehmen, was geht!
INFOS
Wahl zum Walflüsterer 2020: walfluesterer.de
Infos über Wal-Touren in Samaná: whalesamana.com/de
Generelles über die Dominikanische Republik: godominicanrepublic.com